Politik

Wie steht es um die deutsche Wirtschaft?

Das Bundesamt für Statistik hat die Zahlen zum Handel für 2023 veröffentlicht. Ist der Abgesang der deutschen Wirtschaft eigentlich berechtigt? Das sagen die Zahlen.

Berlin. Deutschlands Außenhandel verzeichnete im Jahr 2023 weiterhin hohe Exportüberschüsse, wobei China zum achten Mal in Folge wichtigster Handelspartner war. Dennoch gab es Veränderungen in den Handelsströmen, insbesondere mit Blick auf Russland. Diese Entwicklungen sind nach wie vor belastende Herausforderungen für den deutschen Außenhandel.

Nach wie vor Außenhandelsplus

Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass Deutschlands Exporte im Jahr 2023 einen Wert von 1,562 Billionen Euro erreichten, während die Importe bei 1,353 Billionen Euro lagen. Damit ergab sich ein Exportüberschuss von 210 Milliarden Euro. Dieser Überschuss ist ein zentraler Aspekt der internationalen Diskussionen über die deutsche Wirtschaft, insbesondere in Europa.

Hilft ein „Dexit“ Deutschland?

Sicher nicht, wenn man das massive Handelsplus anschaut, denn neben China und den USA sind es vorrangig die europäischen Partern, die deutsche Waren abnehmen. Ein Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union, wie von der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel in einem Interview als Option gesehen, könnte nach Expertenmeinung der deutschen Wirtschaft erheblich schaden.* Etwa jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland hängt direkt vom Export ab. Als rohstoffarmes Land ist Deutschland auch auf Importe angewiesen, insbesondere im Energiesektor. Aktuell kommt das meiste Gas für Deutschland aus Norwegen, Belgien und den Niederlanden. Letztere haben große LNG-Terminals über die Deutschland mitversorgt wird. Kaum vorstellbar, was das für die Energiepreise im Land bedeuten würde, wenn sich der Handel durch einen Dexit verteuerte.

Die wichtigsten Entwicklungen

China bleibt trotz eines leichten Rückgangs im Handelsvolumen Deutschlands wichtigster Handelspartner (253,1 Mrd. €), gefolgt von den Vereinigten Staaten (252,3 Mrd. €). Damit lag China im 8. Jahr in Folge auf Platz 1, doch der Abstand schwindet. Im Vergleich zum Vorjahr ging das Handelsvolumen mit China um 15,5 % zurück, während der Handel mit den USA leicht um 1,1 % zulegte.

Das liegt zum einen an der schwachen Konjunktur in China, aber auch an Strategiewechseln einiger Firmen. Der Abstand zu den USA beträgt somit weniger als eine Milliarden Euro, wobei man mit China ein Defizit von 58,4 Milliarden Euro erwirtschaftete und mit den USA hingegeben einen Exportüberschuss von 63,5 Milliarden Euro.

Im Jahr 2023 verzeichnete Deutschland einen signifikanten Rückgang der Warenimporte aus China um 19,2 % auf 155,7 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig sank der Wert der exportierten Waren nach China um 8,8 % auf 97,3 Milliarden Euro. Diese Zahlen zeigen die deutliche Abnahme des Handelsvolumens zwischen Deutschland und China.

Auf Platz 3 lagen wie in den Vorjahren die Niederlande mit Exporten und Importen im Wert von zusammen 214,8 Milliarden Euro (-5,5 % zu 2022).
Der Spezialfall Russland

Die Handelsbeziehungen zu Russland hingegen haben sich drastisch verändert. Grund ist der Angriffskrieg auf die Ukraine. Die Exporte nach Russland sanken um fast 39 %, während die Importe sogar um 90 % zurückgingen. Konkret beläuft sich das Handelsvolumen auf nur noch  8,9 Milliarden Euro. Diese deutliche Abnahme führte dazu, dass Russland in der Rangfolge der wichtigsten Handelspartner Deutschlands vom 23. auf den 32. Platz zurückfiel. Die Importe sanken noch weiter, um krasse 90 % im Vergleich zum Vorjahr auf 3,7 Mrd. €.

Autos sind Deutschlands wichtigstes Handelsgut

Die Nachricht überrascht sicher weniger. Kraftwagen und Kraftwagenteile bleiben Deutschlands größtes Exportgut, gefolgt von Maschinen und chemischen Erzeugnissen. Im Jahr 2023 wurden Kraftwagen und Kraftwagenteile im Wert von 268,2 Milliarden Euro aus Deutschland exportiert. Dies entspricht einem Anstieg um 8,9 % im Vergleich zum Vorjahr 2022. 

Auf den Rängen 2 und 3 der wichtigsten deutschen Exportgüter im Jahr 2023 folgten Maschinen mit einem Wert von 223,1 Milliarden Euro, was einem Anstieg von 5,5 % im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Chemische Erzeugnisse belegten den 3. Platz mit einem Wert von 140,7 Milliarden Euro. Hier ist die eigentliche Krise der deutschen Wirtschaft aktuell, denn es gab einen weiteren Rückgang um 14,5 % gegenüber dem Vorjahr. Der Grund ist klar. Die Chemieindustrie ist energiehunrig und die Kosten dafür massiv gestiegen.

Welche Gefahr droht in der Zukunft?

Ein weiterer Abstieg der deutschen Chemieindustrie würde den Wohlstand gefährden. Hier gilt es abzuwarten, wie sich die Energiepreise entwickeln und wie schnell der Ausbau an erneuerbaren Energien fortsetzt wird, denn der Ausbau kann als einziger den Import von Energie verringern, was Geld und somit Wohlstand im Land hält.

Das größte Ungemach droht den deutschen Autobauern, denn China baut seine massiven Überkapazitäten in der Fahrzeugproduktion weiter aus. Sie werden noch mehr Autos auf den europäischen Markt werfen. Das werden vor allem Elektroautos sein, bei denen man den Deutschen Defizite nachsagt. Aktuell kommen noch weniger Fahrzeuge, schlichtweg weil es noch an geeigneten Schiffen zum Transport mangelt. Das wird sich ändern, denn China baut aktuell Kapazitäten auf. Die Frage nach Strafzöllen auf die hochsubventionierten chinesischen Autos wird akuter. Es ist vor allem Deutschland, dass sich noch dagegen sperrt, Frankreich hingegen drängt schon länger darauf.**

Quelle zu den Zahlen: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/02/PD24_056_51.html
* https://www.spiegel.de/politik/deutschland/alice-weidel-afd-chefin-sieht-referendum-ueber-eu-austritt-als-option-fuer-deutschland-a-4f1bbf95-0d30-4c72-9540-306711efa114
** https://www.nzz.ch/wirtschaft/ld.1756191
Dieser Artikel erschien zuerst am 15.02.2024 in der Arterner Zeitung.
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Matthias Zupp

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